Die Aufnahmen entstanden im Juni 1990 in Dresden. Die einzelnen Einstellungen sind durch Schwarzblenden voneinander getrennt.
10:00:00 Nachtaufnahmen: Vorbereitung einer Demonstration vor dem Gebäude des Reichsgerichts in Leipzig. Die Rednerliste wird geschrieben. Eine Frau vom Museum meldet sich an, um zu sprechen. Mann in Militäruniform, Rainer Hopf vom Neuen Forum,
10:01:21 weitere Rednerinnen und Redner melden sich an. Die Namen werden notiert
10:02:40 Personen am erleuchteten Rednerpult, Rednerliste wird erweitert,
10:04:10 Personen, einer in Uniform, am Rednerpult
10:04:30 Demonstranten mit Spruchbändern und Plakaten: "Wir lassen uns nicht Beerdigen", "DDR", "Ich lasse meinen Traum nicht verenden". Spruchchöre: "Wir wollen unser eigenes Land, die Einigung verläuft im Sand", Transparent: "Egon: Nach der Wende nun das Ende?"
10:05:40 Sprecher am Rednerpult: "Unsere Kundgebung war bedroht, weil Smogalarm ausgerufen war. Jetzt Wetterlage besser, so dass Kundgebung auf Grundlage der Gesetze durchgeführt werden kann". Unser Genosse Thomas Bonesky, erster Sekretär der SED-Stadtleitung, hat im Sender Leipzig gesprochen und zur Veranstaltung eingeladen. Zu Beginn legt Thomas Bonesky den Standpunkt der Stadtparteiorganisation dar und wir wollen sprechen, wie wir in Leipzig den anstehenden außerordentlichen Parteitag gestalten wollen. Wir bitten, jeder soll nur 5 Minuten sprechen und als Genossinnen und Genossen sollten wir dazu die Disziplin aufbringen.
10:07:50 Thomas Bonesky am Rednerpult: Rede zur Rettung der SED, integre Genossinnen und Genossen, die zum Erhalt dieses Landes (DDR) eintreten. Es gibt in diesem Sinne keine Kollektivschuld der Partei (SED). Privilegien war der Lohn besonderer Leistungen. Dank an alle treuen Genossinnen und Genossen in dieser Stadt. Generalsekretär muss offenlegen, was die alte Führung an Verbrechen begangen hat. Gegen sie ist eine strafrechtliche Verfolgung einzuleiten. Zustand unserer Stadt muss sich ändern.
10:10:50 Thomas Bonesky: "Liebe Genossinnen und Genossen. Wir sagen es deutlich, wir brauchen eine Partei, für die der Marxismus-Leninismus wahrhaftige Anleitung zum Handeln ist, die alle kommunistischen und progressiven sozialdemokratischen Positionen in sich vereinigt und sich dem Antifaschismus verpflichtet fühlt. Nur eine solche Partei hat Wahlchancen und wird das Vertrauen der Menschen gewinnen. Neues Personal, neues Programm, eine Partei der Perestroika" (Beifall) 10:11:52 Teilnehmer mit Transparenten, Beifall klatschend. O-Ton Bonesky: "Dann wird SED aufrichtig und das Wort Genosse anerkennend ausgesprochen". "Wir als SED wollen mit allen Kräften zusammenarbeiten, die sich einem demokratischen, menschlichen Sozialismus verpflichtet fühlen. Vertrauen bei Jugend gewinnen...
10:12:35 Teilnehmer mit Transparenten und Schildern: "Bild von Willi Stoph: War auch ich das Volk?", "Wir wollen bessere Luft", "Auch wir Kinder sind das Volk". Redner Bonesky: "Delegierte werden gewählt für den anstehenden Parteitag. Unsere Stadt braucht Hilfe, wir wollen selbst über unsere Messestadt entscheiden können. An unseren Ministerpräsidenten, Genosse Modrow (Hans Modrow war während der Wende und friedlichen Revolution vom 13. November 1989 bis 12. April 1990 der letzte Vorsitzende des Ministerrates und somit Chef der Regierung Modrow) fordern wir, sich persönlich dafür einzusetzen.
10:14:31 Thomas Bonesky: "Liebe Genossinnen und Genossen, lassen sie uns hier bekräftigen: zum Sozialismus in unserem Lande gibt es keine Alternative (Beifall), wir wollen den Sozialismus und wir kämpfen um ihn. Eine durch die kapitalistische BRD vereinnahmte DDR, das wollen wir nicht!" (Beifall)
10:15:40 Plakate der Demonstranten in Großaufnahmen: Kind mit Plakat: "Wir wollen bessere Luft", Kind mit Plakat: "Auch wir Kinder sind das Volk". Klatschende junge Demonstrantin.
10:16:10 Demonstrant mit Plakat: "Wir wollen freie Fahrt von Ruhr bis Neisse. Verkehrsverbot für braune Scheiße". Demonstranten
10:17:10 Blick von hinten über die Demonstranten in Richtung Rednerpult.
10:17:40 Blick von hinten auf Demonstranten, klatschende Demonstranten, Schwenk auf Eingangsfassade des Reichsgerichts
10:18:40 Demonstranten, wehende rote Fahne, (Redner nuschelt wie Honecker)
10:19:10 Eingangstor des Reichsgerichts mit Werbebanner: "Zeitzeichen. Stationen Bildender Kunst in Nordrhein Westfalen, 11.11.1989 - 7-1-1990"
10:19:30 Demonstranten mit Schild: "Freie Wahlen - Selbstbestimmung".
10:19:40 Redner am Rednerpult. Mann in NVA-Uniform, Zivilisten, Frau, möglicherweise vom Neuen Forum?; spricht "gegen Revanchismus und warnt vor einer rechten Politik, die die Errungenschaften des Staates übernehmen"
10:22:00 Großaufnahme: Gesicht des Mannes in NVA-Uniform. Es spricht ein ehemaliger Dozent der Hochschule Babelsberg, jetzt beim Fernsehen: "wir sind gekommen, um zu zeigen, dass wir eine sozialistische Alternative zur Bundesrepublik erhalten wollen" (Beifall). Kritik an nationalistischen Tönen bei Montagsdemonstrationen auf ehemaligem Karl Marx Platz. " Verbindung von Sozialismus und Demokratie nur möglich in der Eigenstaatlichkeit der DDR". (Beifall). "Wer in der Frage der Eigenständigkeit der DDR schwank, gefährdet dieses Land und unsere Zukunft"10:25:20 Demonstranten mit Plakaten und Spruchbändern, Großaufnahme: Gesicht eines Demonstranten
10:26:10 Zivilist spricht, schildert seine Idee: "geeintes deutsches Volk in einer europäischen Friedensordnung", wird ausgepfiffen, "Aufhören, aufhören!" Unruhe, Frau spricht ins Mikrophon "Der Mann hat nicht gelernt".
10:27:38 Moderator: "Um das Wort hat gebeten, Genosse Uli Gellermann vom Parteivorstand der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) Beifall. Gellermann: "Liebe Genossinnen und Genossen, bin Gast in eurer Stadt, in einer DDR, die noch existiert, die, wie eurer Hiersein zeigt, noch lebt". Demonstrationen haben ihn im Ton und in der Sache an Sportpalastreden erinnert. "So sehr ich euch mag, ich möchte nicht mit euch wiedervereinigt werden" (Beifall). Propagandafloskeln "für besseren Sozialismus, bessere Zukunft, Brüderlichkeit. BRD soll nicht DDR übernehmen und die Errungenschaften des Staates zurückdrehen (Beifall)
10:30:00 Frau aus der Sowjetunion spricht, "Es gibt zwei Staaten, ein kapitalistisches Deutschland und eine sozialistische demokratische Republik" (Beifall) "und wer das nicht begriffen hat in 40 Jahren, der begreift es bis heute nicht", "Kohl bleibt Kohl. Er muss erst einmal lernen, mit eigene Ausländer umzukommen (!). Wir brauchen kein, der uns sagt, anders zu leben". Kritik an Gorbatschow, Lob für Egon Krenz,
10:32:50 General der DDR-Armee spricht: äußert Kritik am Verhalten seiner Partei (SED), er bleibe seinen Idealen für die Arbeiterklasse treu (Beifall), applaudiert für die SED (Beifall), "auch NVA ist in den Prozess der Erneuerung einbezogen und arbeitet an einer neuen Militärreform, die das gesamte Leben in den Streitkräften revolutionieren wird. Wir erfüllen 3 Aufgaben: Erfüllung unseres Verfassungsauftrages, 2. die Gewährleistung der ständigen Gefechtsbereitschaft und 3. Erfüllung volkswirtschaftlicher Aufgaben"
10:36:18 "Die NVA hatte in meinem Verantwortungsbereich keinen Schießbefehl, wurde nicht in Leipzig eingesetzt, wurde keine Kampftechnik eingesetzt, bzw. für einen Einsatz vorgesehen. (Zwischenruf: wer dann?) Die NVA wird ihren Verfassungsauftrag erfüllen, wir sind aber auch kein Erfüllungskombinat."